Ein Bioenergie-Holzheizkraftwerk für Frauenfeld

Ein Bioenergie-Holzheizkraftwerk für Frauenfeld
Energie 360° und Schweizer Zucker realisieren in Frauenfeld eines der innovativsten Holzheizkraftwerke Europas. Mit von der Partie ist die Wenger + Wirz AG. Wir sind stolz, Teil dieses Vorzeigeobjektes und einer so besonderen Zusammenarbeit zu sein.

Schon bald fahren täglich sechs LKW beladen mit Holzschnitzeln zur Verarbeitung in die Anlieferungshalle ein. Die Holzschnitzel werden vollautomatisch über ein Förderbandsystem in einen definierten Bereich, den „Annahmebunker“, übefordert. Dabei wird eine Qualitätsanalyse durchgeführt.

Befüllung der Trockenboxen
Aus den verschiedenen angelieferten Holzqualitäten wird die optimale Mischung für den Anlagenbetrieb bestimmt. Diese wird durch die beiden automatischen Krananlagen in eine der acht Trockenboxen gefüllt. Die heisse Luft wird mit Gebläsen durch die Trockenböden in das Hackgut geführt. Diese Biomasse gelangt nach dem Trocknungsprozess durch die Krananlagen in die Wochenbunker. Ein flexibler Trocknungsprozess bei maximaler Verfügbarkeit ist sichergestellt. 

Kernprozess
In der Pyrolyse wird ein Teil der getrockneten Biomasse durch Zugabe von Luft verbrannt. Durch die hohen Temperaturen wird die eingebrachte Biomasse in ihre festen und gasförmigen Bestandteile zerlegt. Im Gasfilter wird das heisse Produktgas von Staub befreit. Diese sogenannte Biokohle wird aus dem Filter ausgetragen, befeuchtet und über zwei Förderbänder in die Bigbag-Abfüllstation befördert. Das von der Biokohle getrennte Gas wird abgekühlt und den Gasmotoren zugeführt. Die aus der Gaskühlung gewonnene Wärmeenergie wird einem Wärmenetz und der Schweizer Zucker AG abgegeben. Die Stromerzeugung erfolgt mit vier Blockheizkraftwerken mit je 1000 kW elektrischer Leistung durch hocheffiziente, turboaufgeladene Gasmotoren. Der erzeugte Strom wird als Bioenergie in das örtliche Stromnetz eingespeist.

Biokohle
Die im Prozess gewonnene Biokohle wird in Bigbags und Container abgefüllt und an Kunden verkauft. Die Biokohle kann für diverse Anwendungen eingesetzt werden. Ein grosses Potenzial liegt in der Landwirtschaft. Weiter eignet sich die Biokohle als Wasserfilter auf Kläranlagen. Mit all dem setzt Bioenergie Frauenfeld neue Massstäbe. Ein Rundgang durch das Kraftwerk mit Stefan Ellenbroek, Gesamtprojektleiter Bioenergie Frauenfeld, und Stefan Körner, Projektleiter Wenger + Wirz AG, gibt einen Einblick in das besondere Verfahren und in ein Projekt der Superlative.

Ein tolles Orchester
„Nebst anderem sind die Hallen von der Wenger + Wirz AG wunderschön ausgeleuchtet worden“, schwärmt der angestellte Betriebsleiter. Die Handwerker hätten sich gegenseitig tipptopp unterstützt. Es sei ein Segen, solche Profis auf der Baustelle gehabt zu haben. „Menschen, die sich abstimmen, neu koordinieren und eine arbeitswillige Umgebung schaffen.“ In der Planungsphase habe man keine Chance, dies genau zu orchestrieren. Das besondere Arbeitsmodell, macht deutlich, wie die konventionellen Rollen und Schnittstellen aufgehoben wurden. Die Unternehmen sind seit Projektbeginn mit dabei und abgerechnet wird mit einem open book-Modell.

Erfolgsrezept: gegenseitiges Vertrauen
Stefan Ellenbroek, Gesamtprojektleiter Bioenergie Frauenfeld, bringt es gut auf den Punkt: „Für ein solches Pionierprojekt mit einem so engen Zeitplan muss man sich zu 100 % auf seine Partner verlassen können. Wir haben nur Unternehmen nach Empfehlung eingeladen oder solche, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben.“ Das seien innovative Partner, die den Mut besässen, Ideen sowie neue Ansätze oder neue Lösungen einzubringen. Ausschlaggebend sei nicht der Preis gewesen, sondern die Qualität und Mentalität. „Dieses Projekt stellte uns vor viele Herausforderungen, vor allem auch in zeitlicher Hinsicht, und wir suchten die Leute mit dem entsprechenden Spirit. Die Wenger + Wirz AG ist mit Sigg Elektroplanung GmbH ein echtes Erfolgsduo“, so Stefan Ellenbroek. Bei diesem einzigartigen Projekt konnten alle Beteiligten vom Know-how eines jeden Einzelnen profitieren. Dies führte auch zur besten Lösung und war sehr entscheidend für den Erfolg. Es bestätigt sich immer wieder: „Ein motiviertes Team reisst 10-mal mehr als eine Truppe, die sich nicht begeistern lässt.“ Für den Gesamtprojektleiter sei es ausserdem grossartig, dass Renato Gregori, Projektleiter bei Wenger + Wirz, auch Lernende ausbildet. Es sei ein Jackpot, das Handwerk von so einem Profi erlernen zu dürfen. Der Projekterfolg ist natürlich auch dem restlichen Team von Stefan Körner zu verdanken.

Grosse Leistungen, grosse Kabel
Eine weitere Aufgabe der Wenger + Wirz ist, laienhaft ausgedrückt, die Energie „aufzuteilen“ – die für den Betrieb und die, die als Bioenergie zum EW zurückfliesst. Alle Schaltschränke verfügen deshalb über je eine ungeförderte und geförderte separat gemessene Zuleitung. Sechs autonome Trafos sorgen dafür, dass einerseits die Energie ins Netz gelangt und andererseits Energie vom Netz bezogen werden kann, um die ganze Anlage zu betreiben. Eindrücklich sind auch die Querschnitte der Kabel. Sie transportieren über eine stattliche Anzahl von 16 Stück 300 mm2-Leiter die Energie von jedem der vier BHKW. Erwähnenswert ist auch das praktische 3D-Modell auf dem Tablett, das die Baupläne ersetzt, mit welchem Messungen vorgenommen werden können. Elektronisch ist alles abrufbar, was koordinationsrelevant ist.

Weitere wichtige Player
Auf der Baustelle haben auch andere Tochterfirmen der Baumann Koelliker Gruppe ihren Auftritt: Der Bereich Netzbau der Ellenbroek Hugentobler AG erledigt mit dem Team von Simon Raschle die Verkabelungen der Mittelspannungsseite sowie die Verbindungen zwischen den Trafos und der Niederspannungs-Hauptverteilung. Das Team unterstützt auch bei den Kabelzügen, bei welchen eine Zugmaschine zum Einsatz kommt. Für die Planung und Herstellung der Steuerungen und Schaltanlagen inkl. Niederspannungs-Hauptverteilung mit 4 x 2000 Ampère Rückspeisungen kommt das Team der Beltech Schaltanlagen AG unter der Leitung von Adi Bucher und Pascal Strebel zum Einsatz.

Herausforderungen
Eine grosse Herausforderung war der Zeitplan. Weiter wurde die ganze Versorgung redundant geplant, sodass die Produktion während Wartungsarbeiten keinen Unterbruch erleiden muss. Aufgrund der langen Lieferzeiten musste die Trafostation schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt geplant und bestellt werden. Die Firma NCK Engineering hat uns dabei unterstützt. Auch die Bewilligung beim ESTI brauchte ihre Zeit. Diverse Lieferengpässe haben uns zusätzlich auf Trab gehalten. Doch Stefan Körner ist überzeugt: Wir werden dieses Projekt zu einem guten Abschluss bringen.

Arbeiter am Projekt Bioenergie-Holzheizkraftwerk Frauenfeld
Ein Teil des Teams von Wenger + Wirz v.l.n.r.: Nik Körner, Renato Gregori, David Macura, Stefan Körner, Ognjen Ilisevic
Industriehalle des Bioenergie-Holzheizkraftwerk in Frauenfeld